Erziehungsberatung: Wie Eltern auf Zeugnisse reagieren können

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Beate Wilsdorf
Diplom-Sozialpädagogin
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Augsburg (pm). Ende der Woche beginnen für Schüler:innen in Bayern die Sommerferien. Vorher erhalten sie noch ihre Zeugnisse. Wie Eltern auf (schlechte) Noten reagieren können, erklärt Erziehungsberaterin Beate Wilsdorf.

Vorbereiten: Wirklich überraschend kämen die Noten für Eltern und auch Schüler:innen nicht, die während des Schuljahrs „dran geblieben sind“ und die Bewertungen „mitverfolgt haben“. Die Ergebnisse dann aber „schwarz auf weiß“ zu sehen, wirke auf manche dennoch wie ein Schock. Daher empfiehlt die Sozialpädagogin Eltern, sich auf die Zeugnisvergabe vorzubereiten: Wie reagiere ich, wenn die Noten schlechter ausfallen, als ich es erwartet habe? Nützt es meinem Kind, wenn ich mit ihm schimpfe oder ihm zeige, dass ich enttäuscht bin? Wer dieses Szenario vorab schon mal durchspiele, reagiere „nicht so emotional“, so Wilsdorf. Nach der Zeugnisvergabe empfiehlt sie, die Noten „erstmal sacken zu lassen“.

Nachfragen: Kinder bewerteten ihre eigenen Zensuren manchmal anders als die Eltern. Diese sollten daher beim Kind konkret nachfragen: Wie geht es Dir damit? Bist Du enttäuscht? Ärgerst Du Dich? Worauf bist Du stolz? Freust Du dich? Kinder sollten die Rückmeldung bekommen, dass sie ihre Gefühle in Bezug auf ihr Zeugnis offen zeigen dürfen.

Anerkennen: Auch wenn die Noten schlechter ausgefallen sind als erwartet: „Das Kind hat sich angestrengt und seinen Job gemacht, ‚so gut es geht‘“, erklärt Wilsdorf. Eltern sollten zudem die Bewertung der schulischen Leistung von der Person des Kindes trennen: Es ist nicht weniger liebenswert, weil es die Erwartungen der Eltern nicht erfüllt hat. Kinder sollten sich deren Zuwendung oder Bestätigung nicht erarbeiten oder verdienen müssen, sondern erleben, dass „Scheitern“ zum Leben dazu gehört und „Fehler machen“ erlaubt ist.

Ursachen erforschen: Woran hat es gelegen? Am „blöden Lehrer“? Daran, dass dem Kind „alles zu viel ist“? An Konflikten mit Mitschüler:innen? Oder an einer falschen Lernstrategie? Auch das eigene Lernverhalten zu reflektieren, gehöre zur Ursachenforschung. Gemeinsam mit dem Kind können Eltern eine Struktur entwickeln, wie es künftig lernen will.

Strategie entwickeln: Dazu kann auch gehören, einen Teil der Sommerferien – idealerweise nicht gleich am Anfang – zu nutzen, um Wissenslücken zu schließen; entweder dosiert allein zuhause oder mit Unterstützung durch Nachhilfe. „Dazu muss ich das Kind im Boot haben“, erklärt Wilsdorf. Wenn es die Entscheidung mitträgt, könne es die Erfahrung machen: „Ich kann selbst etwas tun, dadurch fühle ich mich besser“, erläutert die systemische Familientherapeutin. Zudem könnten Eltern dem Kind eigene Erfahrungen mitgeben, nach dem Motto: „Das hat mir damals geholfen.“ Teil der Problemlösung könne auch sein, dass Eltern in Absprache mit dem Kind künftig enger mit der Schule zusammenarbeiten und z.B. mehr Lehrergespräche führen.

Auftanken: Auch wer sich entscheidet, einen Teil der Ferien zum Lernen zu nutzen, sollte die Regeneration nicht vernachlässigen. „Ferien sind für Kinder und Jugendliche genauso wichtig wie für uns Erwachsene der Urlaub“, erklärt Wilsdorf.  Während des Schuljahres stehe oft die ganze Familie unter Stress, besonders wenn es mehrere schulpflichtige Kinder gibt. Umso wichtiger sei es, die gemeinsame Auszeit zu genießen: „Da tanken alle Kraft und Energie, das muss und darf auch sein.“

Zur Person: Beate Wilsdorf ist seit 2000 in der Evangelischen Beratungsstelle der Diakonie Augsburg tätig. Sie ist Diplom-Sozialpädagogin (FH) und hat zudem eine Ausbildung in systemischer Familientherapie absolviert. Sie arbeitet schwerpunktmäßig in der Erziehungs- und Familienberatung, in der sie häufig mit dem Thema Schule zu tun hat.