Augsburg (pm). Ferienzeit ist Reisezeit. In der ökumenischen Einrichtung am Hauptbahnhof ist auch außerhalb der Urlaubssaison die Zahl der Ratsuchenden zuletzt deutlich gestiegen. Wie sich das auswirkt.
„Aussichtslosigkeit macht krank.“ So lautete die Überschrift einer Pressemitteilung, die die Arbeitsgemeinschaft der kirchlichen Bahnhofsmissionen in Bayern Mitte Mai verschickte. Tenor: Die Not wächst weiter. Immer mehr Menschen wenden sich an die Bahnhofsmissionen in Bayern. Eine Entwicklung, die Sabine Ortloff auch in Augsburg beobachtet: „An einzelnen Tagen erreichen wir die 200er-Grenze. Diese Zahl war noch vor ein paar Jahren undenkbar“, erklärt die hauptamtliche Mitarbeiterin der Diakonie Augsburg in der Bahnhofsmission. Nicht nur die Räumlichkeiten stoßen dabei an Grenzen, sondern auch die Belastbarkeit der Mitarbeiter:innen. In Augsburg hat die Zahl der Kontakte von 14.505 (2019) auf 25.646 (2023) zugenommen. 2024 wird die Zahl vermutlich weiter steigen, denn bereits im ersten Halbjahr verzeichnete die Bahnhofsmission 19.678 Kontakte. Der zwischenzeitliche Rückgang in den Jahren 2020 (12.621) und 2021 (12.480) ist darauf zurückzuführen, dass die Räume der Bahnhofsmission während der Pandemie zeitweise nicht für Besucher:innen geöffnet waren; Beratung und Essensausgabe erfolgten in dieser Zeit durch das Fenster.
Durch die deutlich gestiegene Zahl der Kontakte insgesamt wachse auch der Anteil der Besucher:innen mit Suchtproblematik oder psychischen Erkrankungen, „was die Kommunikation oft sehr erschwert und sich auch in der Stimmung in der Bahnhofsmission niederschlägt“, so Ortloff weiter. Für sie und die Kolleg:innen sei das „sehr herausfordernd“. Laute Worte, Beschimpfungen und Bedrohungen seien „mittlerweile fast täglich zu erleben“ – sowohl unter den Gästen als auch gegenüber den Mitarbeiter:innen. Viele Konfliktsituationen kann das Team selbst lösen, manchmal muss die Bundespolizei hinzugezogen werden – „mit der wir einen sehr guten Kontakt pflegen“, betont Ortloff.
„Als einer der Träger haben wir auch eine Fürsorgepflicht für unsere Haupt- und Ehrenamtlichen“, erklärt Christian Müller, der als Leiter des Fachbereichs Besondere Notlagen bei der Diakonie auch für die Bahnhofsmission zuständig ist. Die Einrichtung habe eine „ganz wichtige gesellschaftliche Funktion“ als niederschwellige Erstanlaufstelle für Menschen in Notlagen. Die Nachfrage vor allem nach Lebensmitteln und materiellen Hilfen steige unverändert an. Lebensmittelspenden erhält die Bahnhofsmission von den Bäckereien YORMA‘S, Balletshofer und Schubert sowie der Konditorei Dichtl. Die Spanische Mission unterstützt mit einer monatlichen Geldspende, die Schwabenhilfe kauft für wöchentlich 50 Euro nach Bedarf für die Bahnhofsmission ein. Einen wichtigen Beitrag zur gesellschaftlichen Teilhabe der Gäste leistet das Jahresspendenabo der Augsburger Allgemeinen.
Aktuell geht in der Bahnhofsmission der Kaffeevorrat zur Neige. Wer Kaffee (gemahlen, bitte keine ganzen Bohnen!) spenden möchte, kann diesen einfach zu den Öffnungszeiten abgeben (s. Info).
Info: Die Bahnhofsmission am Gleis 1 Süd am Augsburger Hauptbahnhof betreiben die Diakonie Augsburg und der Stadtverband der Caritas in ökumenischer Trägerschaft. Neben vier Hauptamtlichen sind aktuell 13 Ehrenamtliche an sechs Tagen in der Woche (außer sonntags) tätig. Geöffnet ist die Bahnhofsmission Montag bis Freitag von 9 bis 17 sowie Samstag von 9 bis 12 Uhr.